Das Einmaleins des Gins
Bei Gin handelt es sich um einen klaren Branntwein, der auf der Basis von hochprozentigem Neutralalkohol hergestellt wird und dem neben dem charakteristischen Wacholder weitere Kräuter und Gewürze (Botanicals) beigefügt werden. Bezüglich der geschmacksgebenden Gewürze und Kräuter gibt es keinerlei Beschränkung. In den letzten Jahren hat sich eine neue Art von Gin gebildet – die so genannten New Western Dry Gins. Diese zeichnen sich durch eine dominante Aromanote aus, die dem Wacholdergeschmack oft gleichwertig ist. Laut Gesetz darf Gin aus jedem Ethylalkohol hergestellt werden, der in einem natürlichen Gärungsprozess entstanden und nicht künstlich synthetisiert worden ist. Dieser Neutralalkohol muss mindestens 96% Vol. aufweisen und wird üblicherweise aus Getreide (vor allem Gerste und Mais) oder auch Melasse gewonnen. Laut EU-Verordnung muss Gin neben dem vorherrschenden Wacholdergeschmack einen Mindestalkoholwert von 37,5% Volumen aufweisen. Für Plymouth Gin gilt sogar ein minimaler Alkoholgehalt von 41,2% - eine Grenze nach oben gibt es übrigens nicht.
Wird die Spirituose dann ohne weitere Destillation direkt abgefüllt (Dieser Prozess wird auch „Mazeration” genannt), bezeichnet man sie als „Compound Gin“ und genießt als billigste Gin- Variante kein großes Ansehen. Folgt der Mazeration der pflanzlichen Bestandteile eine weitere Destillation, darf sich das Endergebnis dagegen als „Distilled Gin“ bezeichnen.
Aromen, die Gin beigefügt werden, um sein jeweils individuelles Aroma herzustellen, werden als Botanicals bezeichnet. Hierzu werden Beeren, Rinden, Samen, Früchte, Fruchtschalen, Gewürze, Kräuter und Wurzeln verwendet. Einigen der Botanicals werden Heilkräfte zugeschrieben – ob dies ein Marketingtrick der Hersteller ist, sei an dieser Stelle dahingestellt. Jeder Gin hat seine ganz eigene Rezeptur, die individuelle Zusammenstellung der Zutaten und Aromen ist streng geheim und nur dem jeweiligen Hersteller bekannt.
Die ältesten Quellen, in denen Gin erwähnt wird, stammen aus der Mitte des 17. Jahrhunderts. In diesen berichtet der deutsche Arzt Franz de le Boe (Franciscus Sylvius), der im holländischen Leiden praktizierte und lehrte, erstmals über den Wacholderschnaps namens „Genever“ (von „jenever“, holländisch für Wacholder). Der erste Genever entstand nach seinen Berichten bei dem Versuch, aus einem Wacholderdestillat eine Arznei gegen Magen- und Nierenerkrankungen wie Koliken oder Nierensteine zu entwickeln.
Von blauen Brennern und minderwertigen Destillaten
Nach dem Tod Williams 1702 übernahm Queen Anne die Krone. Sie erlaubte jedem Engländer, Gin zu produzieren. Die uneingeschränkte Produktion von Alkohol führte zu einer wahren Explosion der Produktion in fast jedem englischen Haushalt, und um 1720 wurde schätzungsweise in einem Viertel der Haushalte in London Gin hergestellt oder verkauft. Um 1727 tranken etwa 6 Millionen Engländer 5 Millionen Gallonen Gin im Jahr. Allgemeine Trunkenheit wurde zu einem ernsthaften Problem, förderte aber nicht gerade die Qualität der Produkte – es gab am Markt vorwiegend mindere Qualitäten.
Um dem entgegenzuwirken, wurde 1736 der erste „Gin Act“ verabschiedet, der sowohl die Produktion ohne eine Lizenz, alsauch den Verkauf kleinerer Mengen verbot. Nicht weniger als 2 Gallonen durften von nun an gekauft werden - nur noch betuchte Engländer konnten sich Gin leisten. Gleichzeitig wurde den Gin- Brennereien eine Sonderabgabe von jährlich 50 Pfund auferlegt, eine damals bedeutende Summe, die nur wenige Brenner aufbringen konnten. Einer von danach nur zwei in London verbliebenen Produzenten nannte seinen Gin forthin „Fifty Pounds Gin”, eine Marke, die auch heute noch erhältlich ist.
Ein halber Liter Gin pro Tag und Person (inklusive Kinder) üblich
Die staatliche Kontrolle zeigte langsam ihre Wirkung und die „Gin-Hysterie“ konnte mit der Zeit eingedämmt werden. Dies ließ die Qualität des Genever-Nachfolgers ansteigen – Gin war zunehmend kein billiger Fussel mehr, sondern ein immer weiter perfektioniertes Edeldestillat. Gleichzeitig sorgten Missernten für Preissteigerungen des Getreides, sodass die Ginproduktion insgesamt deutlich zurückging. Diese Zeit ging als „Gin Craze“ in die Geschichte ein. Neuere Untersuchungenlegen den Schluss nahe, dass es letztlich die Verteuerung des Getreides war, die den Gin-Konsum fallen ließ und 1757 zum Ende der Gin Craze führte.
Gin entwickelte sich zu einer hochwertige Spirituose, deren Erfolgsgeschichte bis heute Bestand hat. Gin zählt in unserer modernen Trinkkultur zu einer der bedeutendsten Spirituosen. Tatsächlich ist Gin durch seine Vielseitigkeit und durch die Tatsache, dass er den Geschmack anderer Cocktail-Zutaten fördert, anstatt ihn zu überdecken die wichtigste oder zumindest eine der wichtigsten Spirituosen in jeder Cocktail-Bar! Ein Hoch auf diese tolle Spirituose. Cheers.
Kein Gin-Liebhaber aber wenn man in Neukölln umringt ist von Hipster, die das Zeug inhalieren, kann Hintergrundwissen ja nicht schaden. Gutees Einstiegs-Thema schon mal. So oder so auf jeden Fall sehr interessant. Freu mich auf den nächsten Blogeintrag. Und vielleicht probier ich es ja doch noch mal mit einem GIN Tonic ;) Könnt ihr mir da einen Gin empfehlen für den Anfänger?
Spannend! Da waren eine ganze Menge Infos dabei, die selbst ich als Gin-Liebhaber noch nicht wusste. Gerne mehr zum Thema Gin, liebes greatr-team.